Aktuelles

Gesprächsforum in St. Severin zu den aktuellen Ereignissen

In Ruppichteroth trafen sich Gemeindemitglieder zum Austausch mit Vertretern des Erzbistums.

Viele Fragezeichen waren in den Gesichtern der Gemeindemitglieder zu erkennen, die sich am vergangenen Freitagabend in der Kirche St. Severin in Ruppichteroth versammelt hatten. Die Informationen, die sie in den letzten Tagen über die Umstände des Todes ihres langjährigen Pfarrers erreichten, hatte niemand von ihnen kalt gelassen, im Gegenteil. Bestürzung, Betroffenheit, Ratlosigkeit bestimmten die davor gelegene Woche. An diesem Abend in der Ruppichterother Kirche sollten sie die Gelegenheit  bekommen, ihren Emotionen, Fragen, Ansichten in einem geschützten Rahmen Raum zu geben. 50 Personen waren erschienen, die Kirche unter Corona-Bedingungen damit voll, die Plätze ausgeschöpft. Eine solche Veranstaltung hatte es im Seelsorgebereich Ruppichteroth noch nie gegeben, also eine Premiere ohne Rückgriff auf bisherige Erfahrungswerte.

Bereits zu Beginn des Abends war eine große Einheit unter den Teilnehmern spürbar im Hinblick auf das Bewusstsein, dass es an diesem Abend um sehr wichtige und gleichzeitig sehr sensible Inhalte gehen würde. Eine sehr besinnliche, in sich gekehrte Stimmung, verknüpft mit einer spürbaren Erwartungshaltung, an diesem Abend die eine oder andere Frage für sich klären zu können, oder einfach nur in einen Austausch zu kommen über die inneren Vorgänge und Gefühlsregungen, erfüllte den Kirchenraum. Die einleitenden Orgelklänge unterstützten sanft, aber nachhaltig diese Grundstimmung eines herausfordernden Abends.

Drei Gäste hatten als Vertreter des Erzbistums Köln den Weg nach Ruppichteroth gefunden: Weihbischof Ansgar Puff als zuständiger Regionalbischof für den Seelsorgebereich vor Ort, Frau Katharina Neubauer als stellvertretende Interventionsbeauftragte und Herr Wolfgang Wolf aus der Stabsabteilung Diözesanstelle für pastorale Begleitung als Moderator des Abends.

Nach einer kurzen Begrüßung durch Pfarrer Heinzen konnte zunächst Frau Neubauer noch einmal die bisherigen Geschehnisse aus Sicht der Stabsstelle Intervention skizzieren, um einen gemeinsame Basis für den nachfolgenden Austausch zu schaffen. Es schloss sich Weihbischof Puff mit einer Betrachtung über das Thema Suizid an, das als einer der beiden wesentlichen Inhalte der abendlichen Versammlung – auf gleicher Ebene mit dem Thema des Missbrauchsvorwurfs – von ihm aus kirchlicher Sicht eingeordnet wurde. Direkt danach begann über einen Zeitraum von knapp anderthalb Stunden ein reger Austausch über die genannten Inhalte und die damit verbundene Person des ehemaligen Pfarrers.

Die sich anschließenden Wortmeldungen waren bestimmt von Ernsthaftigkeit und Sachorientierung, ließen aber ebenso emotionale Stimmungsbilder und engagiertes Nachdenken zutage treten. In gleicher Weise engagiert und sachlich versuchten die Gäste aus Köln, angemessene und hilfreiche Antworten auf die Fragen und Gedanken der sich meldenden Personen zu geben. Neben konkreten Fragen der Gemeindemitglieder aus Ruppichteroth, Schönenberg und Winterscheid zu den aktuellen Geschehnissen kamen auch allgemeine Themenkomplexe zur Sprache: Wie kann es den Verantwortlichen der Kirche gelingen, Fehler und Nachlässigkeiten der Vergangenheit nicht mehr zu wiederholen? Gibt es für Priester, die zu Unrecht beschuldigt worden sind, eine Möglichkeit ernsthafter Rehabilitation? Gilt nicht auch angesichts schwerwiegender Vorwürfe zunächst immer die Unschuldsvermutung? Wie kann eine Vorverurteilung ausgeschlossen werden? In welcher Weise kann so etwas wie vollumfängliche Aufklärung in solchen Fällen eine realistische Zielsetzung sein? Die Antworten der befragten Zuständigen offenbarten eine große persönliche Anteilnahme und einen ehrlichen Willen zu Aufklärung und Transparenz, gleichzeitig wurden aber auch die Grenzen deutlich, die bei der Aufarbeitung von Missbrauchsvorwürfen den Agierenden gesetzt sind. Von Seiten der teilnehmenden Gemeindemitglieder wurde diesbezüglich sehr deutlich die Erwartungshaltung einer vernünftigen und fundierten Auseinandersetzung mit solchen Geschehnissen artikuliert. Manche Hinweise der Teilnehmer wurden von den Gästen aus Köln für zukünftige Prozesse als Anregung mitgenommen, insofern gestaltete sich der Abend im Rückblick gesehen als wechselseitig bereichernd.

Das abschließende Gebet am Ende des Abends konnte noch einmal in der gemeinsamen Blickrichtung auf Gott alle Stimmungen, Emotionen und Gedanken zusammenfassen und bündeln.

Die Zukunft wird zeigen, ob der in diesem konkreten Fall bereits konsequent eingeschlagene Weg der Aufarbeitung dazu führen kann, dass keine neuen Verletzungen entstehen und für die entstandenen Verwundungen ein heilsamer Prozess in Gang gesetzt werden kann.