Agathakapelle in Winterscheid
Vom Rathaus in Schönenberg führt der Weg über die Höhen an der alten Kapelle in Kuchem vorbei und am Hatterscheider Kreuz weiter südlich nach Winterscheid. Dann grüßt am Anfang des Ortes die Petruskapelle und fast am anderen Ende des Dorfes die Agathakapelle. Den Schilderwald der modernen Verkehrszeichen muss man schon übersehen. Für die Künstlerin war es ein Ärgernis, weil sonst die ganze Umgebung viel Poesie ausströmt. Hier ist heute der Dorfteich mit dem Feuerwehrhaus. Früher sprach man vom Feuerlöschteich bei dem kleinen Heiligtum der Jungfrau und Märtyrerin Agatha, die bis heute noch vom gläubigen Volk als Patronin gegen Feuersbrunst angerufen wird. Ein kleiner Bruchsteinbau mit Fachwerkgiebel und einfachem Satteldach ohne Türmchen hält hier die Feuerwacht. Zwei seitliche Fenster geben Licht in den fast leeren Raum. Weil vor Jahren unten in der Wendelinuskapelle die Figuren gestohlen wurden, zumal das hl. Grab, hat der Pfarrer die beiden Grabwächter, die von den Plünderern zurückgelassen wurden, hier in die Agathakapelle gestellt.
Um den Versuch einer geschichtlichen Deutung über den Ursprung dieses Heiligtums zu wagen, sei auf eine mögliche Parallele hingewiesen. Die Stadt Wipperfürth machte nach dem Stadtbrand von 1465 ein Gelübde, auf dem Berge bei Dierdorf eine Bittkapelle zu Ehren der hl. Agatha zu errichten. 1477 wurde der erste Holzbau durch ein steinernes Gebäude ersetzt. Dieser Vorort von Wipperfürth heißt heute Agathaberg.
Hier in Winterscheid blieb die Kapelle klein. Wäre sie mit der Umgebung gewachsen, größer und größer gebaut worden, könnte es hier auch ein Agathaberg geben.
Ende des 17. Jahrhunderts soll die Kapelle entstanden sein. Links von der Tür befindet sich eine Steinplatte mit folgender Inschrift:
S. Agatha, Nothelferin durch Gotteshand
behüte uns vor Feuer und Brand
beschütze vorm Feind das Vaterland
erhalte uns in Gnadenstand
Dann folgen zwei lateinische Verse:
Per te discedant dira
hostibus igne flagella
(Der Inhalt entspricht dem obrigen Text).
P. Ahr Stifter im Jahr 1832
Der ,,Stifter“ P. Ahr wird die Kapelle 1832 wohl erneuert haben.
Wollte man den jahrhundertealten Volksglauben, der hier hineingebaut wurde, tiefer begreifen, so würde der glutvolle Würfel fest vom Dach zusammengehalten. ,,Denn wohltätig ist des Feuers Macht, wenn es behütet und bewacht.“ Jedes Haus, wie jeder Mensch, jede Familie und jede Dorfgemeinschaft haben das Feuer nötig, das in unbewachten Augenblicken äußerlich und innerlich alles in Schutt und Asche verwandeln kann.
Quelle: Gabriel Busch, Kapellenkranz um den Michaelsberg, 113 Kapellen im alten Dekanat Siegburg