Heiligenhäuschen in Ruppichteroth
Pfarrer Johann Peter Reidt beschreibt 1895 in seinem ,,Miszellaneen über Ruppichteroth“ das Heiligenhäuschen: ,,Jenes oberhalb des Kirchdorfes, das vom Pastor Karl Hemmer in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts auf Pastoratsgrund erbaut wurde, und worin bei der feierlichen ,,Gottestracht“ am hohen Christi-Himmelfahrts-Feste das sogenannte II. Evangelium (d.i. der Anfang des Markusevangeliums) gesungen und der sakramentalische Segen gegeben wird. Das kleine und dürftig ausgestattete Heiligtum ist zu Ehren der Schmerzhaften Mutter Gottes errichtet; hoch oben über der Eingangstür ist auf dem Dache ein Kreuz und in dessen Mitte ein mit einem Schwerte durchstochenes Herz Mariä angebracht.“
Bis heute dient die Kapelle bei der Sakramentsprozession dem gleichen Zweck, zu dem sie vor dreihundert Jahren gebaut wurde . Die erhöhte Lage bietet von Natur aus schon einen Altar, um den sich die Gläubigen versammeln können.
Der kleine Bruchsteinbau mit dem Fachwerkgiebel und den alten Bäumen mag an die Gründerzeit erinnern, aber die Kapelle steht nicht mehr einsam oberhalb des Dorfes, die vielen neuen Häuser haben sie samt Friedhof in die Mitte gerückt.
Im Jahr 1960 zog der 1908 in Bornscheid geborene Heinrich Roth in die Nähe der damals schadhaften Kapelle. Das war die Rettung. Roth erzählte, dass er bei der Reparatur fast verunglückt wäre, weil die Decke auf ihn herunterkam. Doch der Aufbauwille blieb. Mit Hilfe der Nachbarschaft sorgte er dafür, dass die Kapelle innen und außen wie ein Heiligtum aussehen darf. Die aus der Gründerzeit stammende Pietà, die in der Kapelle steht, hätte eine fachliche Renovierung nötig, weil sie immer wieder übermalt wurde. – Der persönliche Einsatz von Heinrich Roth galt nicht nur der Kapelle. Er war auch 60 Jahre lang bei allen Prozessionen, Bußgängen, Totenvespern und Beerdigungen immer als Vorbeter zur Stelle. Von 1952 an organisierte er zwei- bis dreimal jährlich Wallfahrten nach Banneux in Belgien. Haussammlungen führte er durch, um den Bau der neuen Kapelle auf dem kath. Friedhof in Ruppichteroth zu finanzieren. Verdienstweise erhielt er im Dezember 1984 die päpstliche Auszeichnung ,,Pro Ecclesia et Pontifice“.
Leben nicht die allermeisten Kapellen von dem selbstlosen Eifer einzelner Familien, einzelner Männer und Frauen? Die stillen und verborgenen Dienste an den Kapellen werden nicht von oben her planmäßig verteilt, sie zeigen recht deutlich, wie die Kirche auch von unten her lebt.
Quelle: Gabriel Busch, Kapellenkranz um den Michaelsberg, 113 Kapellen im alten Dekanat Siegburg